Eine Stadt – zwei Väter – zwei Söhne
Die Zeitzeugen der NS-Zeit verschwinden. Und so gibt es kaum noch Möglichkeiten, direkte Erfahrungen aus dem Holocaust erzählt zu bekommen. Schon seit einiger Zeit wird darüber nachgedacht, wie die hier entstehende Lücke sinnvoll geschlossen werden kann.
Ein eindrückliches Beispiel dafür, wie es gelingen kann, war der Vortrag „Eine Stadt – zwei Väter – zwei Söhne“, der am 20. Februar in der Aula des AWG stattfand. Vor knapp 100 Schüler*innen der 11. Klassen erzählten Jens-Jürgen Ventzki und Daniel Targownik vom Aufwachsen mit Vätern, die direkt in den Holocaust involviert gewesen waren: Einmal Ventzkis Vater, der als SS-Oberbürgermeister von Litzmannstadt (Lódz) das dortige Ghetto verantwortete. Auf der anderen Seite der Vater von Herrn Targownik, der als einziger Überlebender seiner Familie in ebendiesem Ghetto aufwuchs.
Mit vielen persönlichen Bildern und Erinnerungen erzählten die beiden Söhne vom Leben mit ihren jeweiligen Vätern und davon, wie deren Lebensgeschichte dann auch sie geprägt hat. Ausführlich wurden auch die zahlreichen Fragen aus den Reihen der Schüler*innen beantwortet. Dass hier die Nachfahren von Tätern und Opfern gemeinsam saßen, vermittelte vielleicht die stärkste Botschaft des Tages: Wir können uns glücklich schätzen, in einer stabilen Demokratie zu leben. Und es liegt an uns, diese auch zu bewahren.
T. Verbeck