Die Messmethoden Galileis - demonstriert an einigen charakteristischen Experimenten
 

1. Die Fallrinne
1.1 Hintergrund des Experiments

Am Anfang seiner Professur in Padua (1592 - 1610) beschäftigt sich Galileo Galilei verstärkt mit den Bewegungsphänomenen. Im Vordergrund steht für Galilei die Beobachtung. Doch bei der Untersuchung trifft er auf verschiedene Probleme.
Um die Begriffe Ruhe und Bewegung definieren zu können muss man zuerst die Unterschiede zwischen ihnen erkennen. In diesem Zusammenhang schreibt Galilei 1593 den Text "Le Mecaniche" für seine Studenten in Padua. Er stellt die Hypothese auf, dass in einer idealen Welt ohne Reibung und Widerstand sich ein Körper mit konstanter Geschwindigkeit und in gerader Richtung bis ins Unendliche weiterbewegen könnte1. Doch solche Phänomene können auf der Erde nicht beobachtet werden. Es gilt die Überzeugung, dass auf einen bewegten Gegenstand eine Kraft wirkt und man Ruhe und Bewegung durch Beobachtungen der Geschwindigkeiten unterscheiden kann.
Galilei hingegen sagt, wenn wir behaupten eine Sache bewege sich nicht, meinen wir genaugenommen ihre Geschwindigkeit in Bezug auf uns ist gleich null, das bedeutet sie hat eine konstante Geschwindigkeit. Also können wir keinen qualitativen Unterschied zwischen einem ruhendem Körper und einem sich geradlinig Bewegenden machen. Dazu beschäftigt Galilei die Frage, wie groß die Geschwindigkeit eines Körpers während einer geradlinigen Bewegung, wie z. B. des freien Falls auf der Erde, ist.
Ohne Instrumente kann man nicht beobachten, ob sich die Geschwindigkeit ständig ändert oder konstant bleibt.

Die allgemeine Annahme besagt, dass die Geschwindigkeit konstant ist, nur zu Anfang gibt es eine kurze Übergangsphase, die Beschleunigung, bis der konstante Wert erreicht ist. Dieser soll vom Gewicht des fallenden Objektes und vom Widerstand des Mediums, in dem der Körper sich bewegt, abhängig sein. Die Beschleunigung selbst wird als relativ unwichtig betrachtet.
In seiner Jugendzeit übernimmt Galilei diese Annahme und konzentrierte sich hauptsächlich auf das Gewicht und den Widerstand. Doch eine Berechnung der Geschwindigkeit ist nicht möglich, da nach der Theorie von Euklid nur Vergleiche zwischen zwei homogenen Größen erstellt werden können. Das Verhältnis der zurückgelegten Strecke zu der dazu benötigten Zeit ist nach dieser Theorie unmöglich darzustellen.
Galilei meint im Jahre 1604 eine Lösung gefunden zu haben um mehr Informationen über die Geschwindigkeit zu erlangen. Er lässt eine Kugel aus einer bestimmter Höhe auf ein verformbares Material, wie z. B. Wachs, fallen und misst die Tiefe der Verformung, die die Kugel hinterlassen hat. Je größer die Fallhöhe ist, umso tiefer ist die Verformung im Wachs. Galilei schließt dadurch auf die Geschwindigkeit, die die Kugel im Moment des Aufpralls hatte. Auf Grund dieser Beobachtung behauptet er, dass die Geschwindigkeit proportional zur zurückgelegten Strecke wächst. Galilei bezeichnet seine "Entdeckung" in einem Brief an seinen Freund Paolo Sarpi als "absolut unbezweifelbares Prinzip" für die Erforschung der Bewegung.
Heute ist bekannt, dass sich im freien Fall die Geschwindigkeit direkt proportional zur Zeit und nicht zum Weg verhält. Trotz seiner falschen Grundlage gelangt Galilei zu einer richtigen Schlussfolgerung:
 
 

"Beim freien lotrechten Fall eines Objektes ist der zurückgelegte Weg proportional zum Quadrat der Zeit, die für das Durchfallen benötigt wurde"
(E. Bellone, Galilei, S. 31). Durch diese Entdeckung rückt die Beschleunigung in den Vordergrund der Betrachtung, da sich die Geschwindigkeit während des Fallens ständig ändert.
Während seiner Jahre in Padua stellt Galilei Überlegungen an, was man bei einem Körper beobachten würde, der sich im leeren Raum bewegt. Bei seinen Experimenten versucht er diesem Zustand möglichst nahe zu kommen. Galilei verringert den Widerstand des Mediums so weit wie möglich und benützt Instrumente mit geringem Reibungswiderstand. Außerdem betrachtet er verlangsamtere geradlinige Bewegungen als den freien Fall, wie das Fallen auf einer schiefen Ebene².
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1.2 Durchführung des Experimentes
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Meine schiefe Ebne  
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Die von mir verwendete schiefe Ebene besteht aus zwei nebeneinanderliegenden schmalen Rohren. Sie sind ungefähr 157 cm. lang und in 15 gleichmäßigeTeilstücke von je 10 cm. unterteilt. Für eine perfekt runde Kugel mit möglichst geringer Reibung wird eine Billardkugel hergenommen. 
Als Ergebnis soll die Zeit ermittelt werden, die ein Objekt braucht, eine bestimmte Strecke zu durchfallen. Dadurch kann man Rückschlüsse auf die Geschwindigkeit ziehen, ob und wie sie sich während dem Fallen ändert. 
Zuerst wird die Zeit für jedes Teilstück rechnerisch mit der Formel t = s1/2 ermittelt.


 
 
zurückgelegter Weg in cm.
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
110
120
130
140
150
errechnete Zeit in sec. 
1
1,41
1,73
2
2,24
2,45
2,65
2,83
3
3,16
3,32
3,46
3,61
3,74
3,87
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Anschließend werden für jedes Teilstück 10 Zeitmessungen vorgenommen, und daraus der Durchschnittswert errechnet.
 
 
zurückgelegte Strecke in cm.
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
110
120
130
140
150
dafür benötigte Zeit 
1,06
1,66
2,11
2,39
2,78
3,11
3,37
3,55
3,86
4,06
4,3
4,51
4,62
4,88
5,17
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Berücksichtigt man die Messfehler, die im nächsten Absatz erklärt werden, kann man das von Galilei entdeckte Gesetz der Geschwindigkeitsänderung erkennen:
 

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Die zurückgelegte Strecke ist direkt proportional 
zum Quadrat der dazu benötigten Zeit.
 

1.3 Messfehler
An erster Stelle ist die Verzögerung der Zeitmessung durch das Reaktionsvermögen zu nennen.
Der Hauptanteil der Messunterschiede zu den berechneten Ergebnissen ist allerdings auf die Reibungskräfte zurückzuführen, was daran zu erkennen ist, dass der Messfehler immer größer wird je länger die Wegstrecke ist.
 
 
zurückgelegte Strecke in cm.
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
110
120
130
140
150
Messfehler in sec.
0,06
0,25
0,38
0,39
0,54
0,66
0,72
0,72
0,86
0,9
0,98
1,05
1,01
1,14
1,3
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Umso erstaunlicher ist es, dass Galilei mit Instrumenten, die, im Vergleich mit heutigen Instrumenten, einen noch viel höheren Reibungswiderstand besitzen, z. B. eine Fallrinne aus Holz, auf das Fallgesetz richtig schließen konnte.
 

 
 
 

1Enrico Bellone, Galilei, Spektrum der Wissenschaften, (Heidelberg 1998), S. 21
²Gemälde zur schiefen Ebene siehe Anhang, Bild 2

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