„Die er geliebet hat“ von 1644 und Lou
Begas „Mambo No.5“ von 1999
In unserem Beitrag soll das Barockgedicht Georg Greflingers von
1644 mit dem Oktoberfesthit 1999 von Lou Bega verglichen werden. Ihr werdet
sehen, dass sich in 450 Jahren in der männlichen Psyche nicht viel
verändert hat ...
1. Zunächst Greflingers Text im Original:
„Die er geliebet hat“ (1644)
Candida/Fillis/Ramia/Rosina/
Dido/Johanna/Fides/Catharina/
Leßbia/Dorinde/Melusia/Stella/
ELJSABELLA
Diese benannte hatte mich besessen/
Diese benannte bleiben mir vergessen/
Welche vor allen noch ergetzt/ergetzte
Stehet zu letzte
CANDIDA fienge mich mit jren Wangen
Nahe der Elbe /derer Trew vergangen
Wegen der Schätze/ die sie mit erblinden
Dachte zu finden
FJLLJS in Ungarn muste mich begeben
Wider jhr Hertze/weil sie muste leben
Jhren Gebietern/was dieselben satzten/
Dachten und schwatzten
RAMJA zürnte/daßich mit Waffen
Ausser den Büchern machte mir zu schaffen/
Jhre Gedanken waren wol zu siegen/
Wenig zu kriegen
Aber Rosina dachte mehr der Waffen/
Welche zu zeitlich must entschlaffen
Beyde sind/leyder/in dem Rauten-Lande
Tödlich im sande
DJDO die Trewe/auß der Stadt gebohren/
Welche mit Ehren jhren Krantz verlohren/
Liebte so hertzlich/daß sie noch vom lieben
Newlich geschrieben
Meine Johanna/zwar nun nicht die Meine/
Welche nun heisset/Aeptistin/die deine/
Kennet mich nimmer/büsse nun du Nonne
Vorige wonne
Fides beschämte sich und jhren Nahmen/
Liesse die Ehre sambt der Lieb erlamen/
Djna diß folget wann man sich will lassen
Schawen in Gassen
Leßbia/Dorinde/Stella/Melusina/
Waren nicht anders als die CATHARJNA/
Ehrliches Küssen und Geziemtes Schertzen
Liebten die Hertzen
ELJSABELLA gehet über alle/
Welcher ich gäntzlich in die Stricke falle/
Bleibet vergessen/die mich vor-besessen/
Bleibet vergessen
2. In modernem Deutsch könnte das in etwa so heißen (wir
erheben keinen Anspruch auf Richtigkeit):
Georg Greflinger
„Alle, die er geliebt hat“
Candida/Fillis/Ramia/Rosina
Dido/Johanna/Fides/Cathrina
Leßbia/Dorinde/Melusina/Stella
Eljsabella
Diese Genannten haben mich besessen
Diese Genannten werde ich aber eh wieder vergessen
Diejenige jedoch, die mich noch weiter erfreut, so wie sie
mich schon erfreut hat,
Ist die zuletzt Aufgeführte.
Candida fing meinen Blick mit ihren Wangen ein
Nahe der Elbe war es; ihre Treue verging
Als sie mit ihrer Verführungskunst anderswo Schätze
Zu finden gedachte.
Filis aus Ungarn musste mich verlassen,
Gegen ihres Herzenswillen, da sie nach dem Willen ihrer Gebieter
leben musste und das tun, was dieselben anordneten
Und dachten und ihr einredeten.
Ramia war zornig, da ich mich zusätzlich mit Waffen
Anstatt den Büchern beschäftigte
Ihr Gedanken kreisten eher um den Sieg
Und weniger um den Krieg.
Aber Rosina dachte schon mehr an die Waffen,
Die ihr jedoch zu früh aus den Händen fielen
Beide sind jetzt leider im Rautenlande (d.h. Sachsen)
Tot im Sande liegend.
Dido, die Treue, in der Stadt geboren,
Welche mit Ehren ihren Kranz verlor,
liebte so heftig, dass sie noch neulich
Vom Lieben schrieb.
Meine Johanna, zwar nun doch nicht die Meine,
Sondern zur Äbtissin geworden,
Kennst mich nicht mehr, büße du nun als Nonne
Die vorherige Wonne.
Fides (lat.: die Treue) beschämte sich und ihren
Namen
Ließ die Ehre samt der Liebe erlahmen
Djna, das passiert, wenn man sich
In der Gosse herumtreibt!
Lesbia, Dorinde, Stella, Melusina
Waren auch nicht anders als die Catharina
Ehrliches Küssen und harmloses Scherzen,
Das liebten die Herzen.
Eljsabella steht über allen,
In ihrem Netz habe ich mich total verfangen,
Ihr alle, die Ihr mich vorher besessen,
Bleibt vergessen!
Rubens "Der Raub der
Töchter des Leukippos"
3. Und nun zu Lou Begas phantastischem Werk:
Lou Bega
„Mambo Nr.5“
One,two,three,four,five
Everybody in the car, so come on
Let’s ride to the liquor-store around the corner
The boys´ soup they want some gin and juice
But I really dont’t want a
Beerthirst like I had last week
I must stay deep
Because talk is cheap
I like Angela, Pamela, Sandra and Rita
And as I continue you know
They are getting sweeter
So what can I do I really beg you my Lord
To me flirting it’s just like sport anything fly
It’s all good let me dump it
Please set in the trumpet.
Refrain:
A little bit of Monica in my life
A little bit of Erica by my sid
A little bit of Rita is all I need
A little bit of Tina is what I see
A little bit of Sandra in the sun
A little bit of Mary all night long
A little bit of Jessica here I am
A little bit of you makes me your man
And jump and down go and move it all around
Shake your head to the sound
Put your hand on the ground
Take one step left
And one step right
One to the front and one to the side
Clap your hands twice
And if it looks like this
Then you are doing it right
Refrain
I do all
To fall in love with a girl like you
You can’t run and you can’t hide
You and me gonna touch the sky
Refrain
4. Wie kommen die Herren Greflinger und Bega bei uns an?
Sowohl das Barockgedicht als auch der deutsche Charthit in englischer
Sprache schildern die leichtfertige Einstellung des Mannes zur Liebe. Auffallend
bei beiden Texten ist, dass der Mann Liebesbeziehungen zu einer wahren Massenansammlung
von Frauen unterhält.
In dem Barockgedicht zeigt sich diese Machoeinstellung darin, dass
der Mann zu 12 Frauen eine mehr oder weniger oberflächliche Beziehung
aufgenommen, die Mädels sozusagen reihenweise vernascht hat. Zugleich
legt er sehr großen Wert auf die Äußerlichkeiten, sprich
die Schönheit der Frauen: „Candida fienge mich mit jren Wangen.“. Es
wäre ihm zuzutrauen, dass die Frau die Funktion eines reinen Herzeigemodells
hat. Da hilft es auch nicht viel, wenn er die Nr. 13, seine derzeitige Favoritin,
in höchsten Tönen lobt und behauptet, ihr gänzlich verfallen
zu sein. Wie lange wird das dauern?
Auch in anderer Hinsicht erscheint er uns unaufrichtig zu sein:
Ist es überzeugend, wenn er Johanna – Nr.6 ist inzwischen zur Nonne
geworden - empfiehlt, wegen der gemeinsam erlebten Liebeswonnen jetzt
ordentlich zu büßen? Und dann macht er einer der Damen
auch noch den Vorwurf, was ihr passieren würde, wenn sie sich wie Nr.
7 verhielte, nämlich in der Gosse landen. Und er selbst? Landet er
nicht in der Gosse?
Wir finden Herrn Greflingers Liebenden oberflächlich und wenig
glaubwürdig. Eljsabella, die Favoritin, sollte sich hüten!
Auch der Song „Mambo No.5“ bringt diese Oberflächlichkeit zum
Ausdruck. Sieben verschiedene Frauennamen werden aufgezählt. Jede der
Damen scheint in direktem Kontakt zu dem Manne zu stehen. Der Mann singt,
dass er diese Frauen mag, begehrt und sie einfach haben will. Der Refrain
drückt dies nur allzu deutlich aus. Der Mann braucht mehrere Frauen
- ein typischer Macho des 20. Jahrhunderts.
In „Mambo No.5“ spiegelt sich die Lust, das Flirten als eine Sportart
anzusehen: „To me flirting it`s just like sport“. Alkohol scheint eine nicht
unerhebliche Rolle zu spielen: „let`s ride to the liquor store...the boys
say they want some gin“. Es gehört einfach dazu, ein Mädchen an
seiner Seite zu haben. Und dieses Mädchen kommt nicht gegen ihn an,
wenn er sich das in den Kopf gesetzt hat: „I do all to feel in love with
a girl like you/ you can run and you can`t hide“.
In beiden Gedichten stillt der Mann seine Lust, indem er unbeirrt
seinen sexuellen Interessen nachgeht. Offenbar wird er von den ganzen Frauen
als sehr attraktiv eingestuft. Daher seine große Wirkung auf sie.
Wie die Frauen mit der Situation fertig werden, wenn er die Beziehung beendet,
wird nicht gesagt.
Sowohl für den Mambotänzer wie für den Barockhelden scheint
die individuelle Persönlichkeit der Frauen eine geringe Rolle zu spielen
(„Leßbia/ Dorinde/ Stella/ Melusina/ Waren nicht anders als die CATHARINA/“).
Beide wissen genau, wie sie mit dem weiblichen Geschlecht umzuspringen haben,
um ihre Wünsche zu erreichen („Ehrliches Küssen und geziemtes
Schertzen Liebten die Herzen.“).
Greflingers Gedicht ist natürlich nicht so primitiv wie der
Mambosong, aber verblüffend ist die fast gleiche Perspektive und die
Tatsache, dass es das schon vor 450 Jahren (und wahrscheinlich noch viel
früher) gegeben hat, doch.
Also, Jungs und Mädels. lernt aus unserem hart erarbeiteten
Vergleich und macht nicht die gleichen Fehler!
Sevinc Ayan und Valerie Strauß
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