Am Städtischen Adolf-Weber-Gymnasium in München
nehmen eine ganze Reihe von Klassen und Kursen an unserem Comenius-Projekt
"Europäischer Barock" mit Partnern in Frankreich, Italien, Polen,
der Tschechischen Republik und Deutschland teil. Bevor wir unsere Projekte
vorstellen, soll eine allgemeine Einführung in das Thema grundlegende
Informationen liefern.
Der Begriff "Barock" stammt ursprünglich aus dem Portugiesischen
(barocco) und bedeutet "schiefrunde Perle". Schon in diesem Begriff sind
die Widersprüche dieser Zeit festzuhalten, denn er liefert einen Hinweis
darauf, dass es für das damalige Weltverständnis keine perfekten
Erscheinungen gibt.
Das Denken war grundsätzlich beeinflusst von der "Vanitas", dem
Gedanken an die Nichtigkeit und Vergänglichkeit alles Irdischen. Dies
äußert sich auf der einen Seite in der Lebensfreude der Menschen,
da sie versuchten, die Zeit, die ihnen noch blieb, zu genießen. Die
barocke Lebenslust drückt sich aus im damaligen Schönheitsideal
– man denke an die fülligen Frauen von Rubens –, in reichen Kleidern
und gigantischen Perücken, in üppigen Schloss- und Parkanlagen,
in Festen mit kunstvollem Feuerwerk, in ausufernden Trink- und Essgelagen
und in einem exzessiven Spiel mit der Form.
Auf der anderen Seite gab es in diesem Jahrhundert des Krieges und der
Pest eine intensive Auseinandersetzung mit dem Tod. Das Leben war für
die Menschen nur ein Übergangsstadium, ein Hinweis auf die Vergänglichkeit
und die universelle Ewigkeit. Das Dasein galt als unwichtig und der einzelne
Mensch als ein unwichtiger Teil des Ganzen. Der Kontrast zwischen Irdischem
und Universellem verursachte große seelische Spannungen bei den Menschen.
Wenn das hiesige Dasein nichts bedeutete, so erscheint es nur logisch,
dass die Erscheinungen, die der Mensch mit seinen Sinnen wahrnimmt, in
den Augen des barocken Menschen in Wirklichkeit ganz anders sein müssen.
Sie können vom Menschen nur erahnt und umschrieben werden. Hier ist
der Mensch an der Grenze seiner Erkenntnisfähigkeit.
Konkrete Erscheinungen haben für den Barockmenschen nur dann einen
Wert, wenn sie auf abstrakte Zusammenhänge hinweisen, wenn sie sinnbildlich
einen abstrakten Gedanken verkörpern. Aus diesem Grund hat die Literatur
des Barock meist einen belehrenden Charakter. Allegorien, d.h. Sinnbilder
für abstrakte Ideen (z.B. ein Gemälde, das den "Sieg der Wahrheit"
in Form einer Frau darstellt) und mythologische Darstellungen waren deshalb
typisch für die Zeit.
Politisch stand die Staatsform des Absolutismus im Vordergrund. In Deutschland
entstanden während des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648)
viele Kleinstaaten, die von absolutistischen, prachtliebenden Fürsten
regiert wurden. Die Fürsten wurden von den Menschen verehrt – jedoch
nicht als Privatpersonen sondern als Repräsentanten der vollkommenen
Staatsordnung.
Eine weitere wichtige Veränderung in dieser Zeit war die Gegenreformation.
Das Anliegen der protestantischen Reformatoren war es gewesen, die lateinischen
Schriften auf Deutsch zugänglich zu machen und die katholische Kirche
ein Stück weit zu modernisieren. Die Gegenreformation der katholischen
Kirche versuchte im 17. Jahrhundert ihr Terrain zurückzugewinnen –
man denke an barocke Prachtkirchen als Demonstration ihrer Macht – und
behielt vor allem in Süddeutschland weiterhin die Oberhand.
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Die Wissenschaftler und Philosophen des Barock – Galilei, Newton, Leibniz
– sind heute jedem ein Begriff, da sie zu den wichtigsten Mitbegründern
der Neuzeit zählen. Mit ihren Erkenntnissen und philosophischen Entwürfen
gestalteten sie das Weltbild neu.
Und noch etwas: Ein besonderes Medium, das für uns heute unverzichtbar
ist, entstand während des Barocks: die Zeitung. Die ersten gedruckten
deutschen Zeitungen waren die 1609 entstandenen "Viso" in Wolfenbüttel
und "Relation" in Straßburg.
Aleksandar Pakusevski |
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