Petrarkismus 

 
In zwei der von uns vorgestellten Liebesgedichten (Sibylla Schwarz "Ist Lieb ein Feur" und Christian Hoffmann von Hoffmannswaldaus "Sonnet. Vergänglichkeit der Schönheit" ) ist der Einfluss des berühmten italienischen Dichters Francesco Petrarca unverkennbar. 
Deswegen dieser Exkurs nach Italien. 

1. Europäische Bedeutung  

Nach dem Minnesang des Mittelalters, der eine europäische Erscheinung war, ist der Petrarkismus das zweite erotische System in der Lyrik von internationaler Bedeutung. Die barocke Liebeslyrik in Deutschland, vor allem die in Sonettform, orientiert sich stark an dem berühmten italienischen Dichter des 14. Jahrhunderts, Francesco Petrarca. 

2. Petrarcas Leben  

Petrarca wird 1304 als Sohn eines Florentiner Juristen geboren. Schon bald wird er in Grammatik und Rhetorik unterrichtet. Etwa 1316 fängt er mit dem Studium der Rechtswissenschaften an und beginnt langsam sich für höfische Liebeslyrik zu interessieren. Er macht viele Reisen (in Deutschland besucht er u.a. Köln) und ist sogar als Diplomat für den Papst unterwegs. 1327 lernt Petrarca in Avignon Laura, die große, unglückliche Liebe seines Lebens kennen. 1348 stirbt sie an der Pest. 26 Jahre später, am 18. Juli 1374, stirbt Petrarca an den Folgen eines Fieberanfalls. 

3. Petrarcas Gedichtsammlung "Canzoniere"  

Das bekannteste Werk, die Gedichtsammlung mit dem Titel "Canzoniere", besteht aus 366 Gedichten, davon 317 Sonetten. Insgesamt 9 Fassungen schrieb Petrarca zwischen 1341 und seinem Tod 1374. In dieser umfassenden Sammlung geht es im Wesentlichen um die Begegnung des lyrischen Ich mit der geliebten Laura in Form von unerwidertem Liebeswerben, Sehnsucht und Verzweiflung des Liebenden bis zum frühen Tod der Geliebten. Die Gestalt Lauras wird dabei in Metaphern der Kostbarkeit umschrieben und steigert sich zum Übermenschlichen. In scheinbar unerträglicher Spannung bewegt sich der Liebende: Obwohl die Liebe das lyrische Ich tödlich verwundet hat, ist sie gleichzeitig das, was ihn am Leben erhält.  

4. Die Tradition des Petrarkismus in Deutschland  

In Deutschland setzt der Einfluss Petrarcas erst 3 Jahrhunderte später ein, sehr spät, wenn man bedenkt, dass er z.B. in England – vgl. Shakespeares Sonette – schon vor 1600 vorhanden war.  Viele deutsche Dichter des Barock (Gryphius, Fleming, Hoffmannswaldau, Sibylla Schwarz u.a.) bedienen sich der Inhalte und Techniken des italienischen Vorbildes. 
 
Andreas Gryphius 
 
Diese bestehen im Wesentlichen darin, das konkrete Motiv, z.B. die Geliebte, durch mythologische Anspielungen und antithetische, hyperbolische (d.h. übertriebene) Bildelemente so zu überhöhen, dass sie ins Abstrakte und Allgemeine übertragen wird.  In der letzten Zeile des vierzehnzeiligen Sonetts steht immer die Pointe, die Konsequenz, auf die das ganze Gedicht ausgerichtet ist. Erst im 18. Jahrhundert klingt die auf Petrarca beruhende Sonettmode in Deutschland ab. 

Markus Landshut